Ford Granada und Consul

ISBN: 978-3765477409
GeraMond Verlag München, 2010


„Consul und Granada sind neue Wettbewerber auf dem wachsenden Markt für vollwertige Familienwagen mit konkurrenzfähigen Preisen. Für Ford in Europa repräsentieren sie außerdem einen weiteren Schritt vorwärts auf dem Wege zu einem gesamteuropäischen Modellprogramm. Es sind gut motorisierte Wagen, die ihr Geld wert sind. Es sind technisch moderne Konstruktionen mit umfassenden sicherheitsmerkmalen, ausgerüstet mit erprobten, langlebigen Motoren, die Leistungsfähigkeit mit Wirtschaftlichkeit verbinden.“

So war es im März 1972 in einer Pressemitteilung von Ford zu lesen, in der die Nachfolgegeneration der deutschen Taunus 17M/20M/26M und der britischen Zephyr/Zodiak Modellreihen vorgestellt wurden.

Die Entwicklungskosten wurden mit 500 Millionen D-Mark beziffert; die vermutlich bis dahin größte Investition in der europäischen Automobilgeschichte. Die Auto-Zeitung vermutete hinter dieser gewaltigen Investitionssumme sogar einen neuen Weltrekord. Schon im Jahr 1968 hatten die ersten Arbeiten für das Projekt „MH“ begonnen, hinter dem sich die neuen Modelle Consul und Granada verbargen. Das „M“ stand für Mark  IV (Zephyr/Zodiak), das H für Hummer (17M/20M). Das waren die Ford internen Codes für diese beiden Modellreihen.

Die Entwicklung lief in den Standorten Köln-Merkenich und Dunton in England. Anfangs waren 1.500, später 4.500 Ford Mitarbeiter direkt mit dem Programm beschäftigt.

Doch anstatt in die Zukunft zu schauen, blickte Ford erst einmal zurück: „Als in der Geschichte des Hauses Ford im Jahre 1950 zum ersten Male auftauchte, gab es in Europa nur 6 Millionen Autos – ein Stand der Motorisierung, den die USA schon 1920 erreicht hatten. In den 50er Jahren stieg der Autobestand in Europa um 15 Millionen auf 21 Millionen an. Dann aber, 1960 schnellte er hinauf auf die schwindelnde Höhe von 64 Millionen. Der Anteil der Haushalte mit zwei und mehr Wagen hat einen Sprung von 1,9 Prozent auf mehr als sechs Prozent gemacht, und die gesamte Einstellung zum Auto-Reisen hat sich grundlegend gewandelt … Auswirkungen dieser Reisetrends haben für die Ingenieure, Designer und Marketing-Leute von Ford bei der Entwicklung des neuen Consul und Granada eine wichtige Rolle gespielt.“

Ford sah seine neuen Produkte in der „gehobenen Mittelklasse“ angesiedelt; ein Marktsegment, das in Europa mit 2 Millionen Fahrzeugen pro Jahr zu Buche schlug und dem man bis 1980 einen 3 Millionen-Markt prognostizierte.  Davon wollte sich Ford eine dicke Scheibe abschneiden. Am Ende konnte man auf 1.642.084 verkaufte Fahrzeuge beider Modellreihen zurückblicken – und das innerhalb von 13 Jahren: 1972 bis 1985.

Der „Spiegel“ sprach von einem „Raumwunder“, von „bei Ford üblich riesigen Kofferräumen“ und hob hervor, dass die allseits bekannte und viel kritisierte Blattfeder-Starrachse „plötzlich perdu“ sei: „Zum ersten Mal in ihrer Firmengeschichte bringen die Kölner Ford-Werke neue Mittelklassewagen mit einer aufwendig gebauten unabhängigen Hinterrad-Aufhängung auf den Markt.“

Der ADAC lobte Straßenlage, Federung, die Leistung des 2,3 Liter Motors und die leichtgängige Schaltung. Kritik wurde laut an den 1,7 l („zu schwach“) und 2,0 l („unelastisch“) Motoren, an den schlecht geordneten Instrumenten, der indirekten und schwerfälligen Lenkung und dem zu großen Wendekreis.

Dagegen fand der Kritiker des Kölner Stadt-Anzeigers den 1,7 l Motor ganz ansprechend. Die Überschrift seines Artikels vom 27. April 1972 lautete: „Der Consul, ein Autobahn-Knüller“. Sein 1,7 l Testfahrzeug bewegte er in 15,3 Sekunden von Null auf 100 km/h, was ihn zu der Feststellung führte, dass von „Untermotorisierung … kaum die Rede“ sein kann. Allerdings gestand er ein: „Alle stärkeren Antriebe dürften allerdings  von Vorteil sein.“

Als die Fahrzeuge im Frühjahr 1972 im spanischen Marbella der internationalen Presse für Testfahrten zur Verfügung gestellt wurden, bescheinigte die Auto-Zeitung den beiden Modellen „bemerkenswerte Fahreigenschaften“ und lobte die neue, moderne Hinterachs-Aufhängung.

In einem Bericht der Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“ vermittelte der Consul dem testenden Redakteur einen ‚typischen Straßenkreuzer-Eindruck‘. Der Redakteur vermutete darin eine ganz bewusste Anlehnung an das Ford Motto ‚Viel Auto fürs Geld‘ “.

Dieses Buch erzählt die Geschichte von zwei Fahrzeugen, die für Schlagzeilen gesorgt haben – positive und negative. Sie beginnt mit Zeichnungen von kompletten Fahrzeugentwürfen und -komponenten, sie zeigt Bilder von Testfahren am Nordkap und in der Sahara. Ebenso Werbung, Pressefotos, Bestattungsfahrzeuge und etliche Bilder aus privaten Fotoalben.